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Vorschadeneinwand nach Reparatur unbeachtlich.
von Jakob Garten
Der Vorschadeneinwand birgt für den Geschädigten Gefahr. Schließlich ist es der Geschädigte, der in einem Prozess die Ursächlichkeit der schädigenden Handlung in Hinblick auf die Verwirklichung des Haftungstatbestandes sowie im Hinblick auf die Schadenhöhe darlegen und beweisen muss. Zu Problemen kommt es regelmäßig, wenn ein Altschaden von einem Neuschaden abzugrenzen ist. Eingewendet wird von den Haftpflichtversicherern dann gewöhnlich, dass der Schaden nicht „herausrechenbar“ und auch nicht schätzbar sei.
So kann der Geschädigte selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Bei unstreitigen Vorschäden müsste der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren, wofür im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vorzutragen wäre.
Anders verhält es sich aber, wenn der Geschädigte nach Maßgabe eines eingeholten Gutachtens den vom Sachverständigen ermittelten Schaden beheben lässt. Im Rahmen der konkreten Abrechnung bestimmt sich die maßgebliche Höhe des Schadens nun nach dem berechneten Reparaturaufwand. Lässt der Haftpflichtversicherer nach der Reparatur gegebenenfalls im Rahmen einer Nachbesichtigung das eingeholte Gutachten überprüfen und erhebt den Vorschadeneinwand, vermag dies den Schadenersatzanspruch des Geschädigten nicht mehr zu schmälern.
Völlig zurecht hat das Amtsgericht Görlitz in seinem Urteil vom 12.01.2018, Az. 5 C 93/17, entschieden, dass der Geschädigte auf die Ausführungen des Sachverständigen vertrauen und hierauf Dispositionen stützen kann. Treffend verweist das Amtsgericht auf das stets vom Schädiger zu tragende Prognoserisiko und den vom Bundesgerichtshof (E 63, 182 ff.) aufgestellten Grundsatz, dass es dem Sinn des § 249 Abs. 2 BGB widerspricht, wenn der Geschädigte bei der Ausübung seiner Ersetzungsbefugnis mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind. Selbst Entscheidungen, die der Geschädigte auf Basis eines fehlerhaften Gutachtens träfe, können ihm vom Schädiger grundsätzlich nicht vorgeworfen werden.
Dem Haftpflichtversicherer verbleibt in dieser Konstellation nur noch die Möglichkeit, dem Geschädigten nachzuweisen, die Begutachtung durch bewusst falsche oder irreführende Angaben beeinflusst zu haben. Dies dürfte im Einzelfall schwer sein.