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Unter der Abkürzung HIS versteht man das Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft. Seiner Zeit wurde es mit der Begründung ins Leben gerufen, die Versicherer bei der Aufklärung von Schadenfällen mit Manipulationsverdacht zu unterstützen. Doch längst ist dieser Zweck in den Hintergrund getreten.

Heruntergebrochen handelt es sich beim HIS um eine elektronische Datenbank, in welcher von den Versicherern nach spezifischen Kriterien („hochverdächtige“) Daten eingetragen werden. Ohne Rücksicht darauf, hat sich im Rahmen der Unfallschadenregulierung die Praxis eingestellt, dass jeder Unfallvorgang auch ohne spezifische Besonderheiten eintragungsfähig ist. Nachdem das System in den Anfangsjahren eher verschmäht wurde, hat sich gegenwärtig der immense Vorteil der massenhaften Datenspeicherung unter den Versicherern wie ein Lauffeuer verbreitet. So wird gegenwärtig fast lückenlos jeder Unfallvorgang ins System eingetragen - mit ungeahnten Folgen für die Unfallgeschädigten.

Eine besondere Gefahr erwächst den Unfallgeschädigten durch das HIS in der Fallgruppe der „reparierten Vorschäden“. Dies soll folgender Sachverhalt veranschaulichen:

Der Unfallgeschädigte A erlitt mit seinem Fahrzeug ein Unfall. Dadurch entstand am Fahrzeug ein Sachschaden an der Stelle X. Daraufhin beauftragte A eine Werkstatt mit der Instandsetzung des Fahrzeuges. Nach einiger Zeit verkaufte und übereignete er das Fahrzeug an den Unfallgeschädigten B. Dieser erleidet mit dem Fahrzeug erneut einen Unfall. Beschädigt wird dadurch wiederum die Stelle X. Die aufgrund des Unfallgeschehens zu 100 % eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung des Schädigers verweigert indes die Regulierung des Fahrzeugschadens. Aufgrund des HIS hatte Sie Kenntnis von dem Vorschaden an gleicher Stelle erlangt. B solle erst einmal darlegen und beweisen inwieweit der Vorschaden sachgerecht behoben wurde. B verfügt nur über die von A übermittelte Werkstattrechnung.

Die Rechtsprechung hat im Rahmen der Thematik der „frisierten Vorschäden“ wiederholt klargestellt, dass die Vorlage einer Reparaturrechnung als Beweis dafür untauglich ist, welche Reparaturen am Fahrzeug tatsächlich durchgeführt worden sind. Eine Reparaturrechnung beweist dagegen lediglich, dass gewisse Posten abgerechnet wurden.

B könnte somit im vorliegenden Sachverhalt weder darlegen noch beweisen wieviel Altschaden im Neuschaden „steckt“. Ohne eine entsprechende Bezifferung des Neuschadens sind diesbezügliche Schadensersatzansprüche rechtlich aber nicht durchsetzbar.

Kann B der Beweisnot nicht anderweitig abhelfen, würde er praktisch auf seinem Schaden „sitzenbleiben“.

Dieser Beweisnot gilt deshalb rechtzeitig entgegenzuwirken. Mit einer der Möglichkeiten - nämlich dem Schadenbeseitigungsgutachten im Anschluss an eine durchgeführte Reparatur

- hat sich das AG Dortmund (Urteil vom 31.01.2014 – 436 C 1027/13) beschäftigt. Völlig konsequent führt es aus:

„(…) Angesichts der Tatsache, dass erbrachte Regulierungsleistungen von den Versicherern zentral gespeichert werden, erscheint es als nicht unwahrscheinlich, dass sich der Kläger im Falle künftiger Schadensereignisse dem Vorwurf ausgesetzt sehen wird, die aus dem hiesigen Verkehrsunfall resultierenden Schäden nicht oder nur unzureichend repariert zu haben. Mögliche Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der Reparatur dieser Vorschäden kann der Kläger durch die Einholung eines Reparaturnachweises vermeiden. (…)“

Diesen Überlegungen sind das AG Stuttgart (Urteil vom 20.02.2015 – 44 C 5090/14) und das AG Böblingen (Urteil vom 21.07.2015 -19 C 1145/15) gefolgt.

Aus der Erforderlichkeit des Schadenbeseitigungsgutachten folgt, dass dessen Kosten auch vom Versicherer zu erstatten sind. In diesem Sinne führt das LG Stuttgart im
Terminprotokoll vom 17.09.2015 (Az.: 5 S 67/14) aus:

„Die Kammer hält im vorliegenden Fall das amtsgerichtliche Urteil für richtig im Hinblick darauf, dass eine subjektbezogene Schadensbetrachtung vorzunehmen ist. Danach darf der Geschädigte die Beauftragung eines Sachverständigen für erforderlich halten, nachdem er Kenntnis erhalten hat von der HIS-Datei, die die Versicherer führen.“

Diesen Überlegungen ist das AG Fulda (Urteil vom 05.05.2015 – 33 C 3/15 = NJW 2015, S. 2743) gefolgt. Gerade in diesen Themenkreis zeigt sich wieder die Notwendigkeit der frühzeitigen Einschaltung eines Anwaltes im Rahmen der Unfallschadenregulierung. Neben der datenschutzrechtlichen Problematik der massenhaften Speicherung von Verbraucherdaten wird die Etablierung des HIS dem Geschädigten die Durchsetzung seiner berechtigten Ansprüche weiter erschweren.

Alles in allem wird das System durch das Anwachsen der Datensätze in den nächsten Jahren an Brisanz gewinnen. Das weitere Reagieren der Rechtsprechung bleibt abzuwarten. Interesse halber sollte man die bereits im HIS gespeicherten eigenen Daten respektive die des eigenen Kraftfahrzeuges einmal im Jahr kostenlos unter http://www.informa-his.de/ abrufen.

Robby Marek - Anwalt für Verkehrsrecht - Kanzlei Görlitz

Robby Marek

tel. 03581 87756-0

mail: rm@schmidt-marek.de

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